Homeoffice – Apfel der Verführung

Warum mich ein Extra-Heft einer bekannten Wohnzeitschrift mit dem Titel „Neue Arbeitswelten“ wütend macht

Derzeit höre und lese ich kaum etwas anderes als das Thema Homeoffice, als einzige und heilsbringende Arbeitsform in diesen und auch für zukünftige Zeiten. Home, sweet Homeoffice titelt ein Beitrag im aktuellen Extraheft einer bekannten Wohnzeitschrift und darunter abgebildet das Bild eines schönen und entspannten Designer-Paars aus Kopenhagen an ihrem selbst entworfenen, drei Meter langen Küchentisch. Erfolgreich im Homeoffice, so lautet der Titel derzeit verschieden angebotener Webinare und Weiterbildungsangebote wie „Führen auf Distanz u. a. mit den Themen Mitarbeiterbewertung und -motivation“ stehen derzeit hoch im Kurs.

HALT! STOPP!  rufe ich Ihnen zu und lade Sie ein, einen Moment inne zu halten:

Wir leben in einer zunehmend komplexer werdenden Welt.  Wie kann es sein, dass es in dieser „VUKA-Welt“ nur EINE Lösung für ALLE Unternehmen, Führungskräfte und Mitarbeiter geben soll: nämlich das Homeoffice? Diese Lösung ist für alle das Beste?

IM HIER UND JETZT: ENTLASTUNG STATT HEKTISCHER AKTIONISMUS

Fakt ist, dass viele Unternehmen ins kalte Wasser geschupst wurden. Aufgrund der derzeit behördlichen Vorgaben musste diese Arbeitsform auf Distanz zwangsweise und schnellstmöglich umsetzen werden. In der Konsequenz greifen die bisherigen organisatorischen Regelungen rund um die persönliche Präsenz der Mitarbeitenden vor Ort nicht mehr. Daher existieren viele Unsicherheiten und nicht geklärte Themen, was Abläufe, Technik, interne/externe Kommunikation, Führung etc. betrifft. Improvisation ist hier das Stichwort.

Dies führt zur Unsicherheit. Und Unsicherheit führt zur Angst. Und Angst ist ansteckend, führt zu Spannungen und Konflikten. Schlimmstenfalls droht Handlungsunfähigkeit und Krankmeldung. Es ist allzu verständlich und menschlich, zunächst mehr von dem zu tun, was Sie immer schon getan haben:  also die Dinge schnell zu regeln und zu lösen.

Aber: Solche Situationen erfordern mehr als nur Schnelligkeit.

Was können Sie als Führungskraft tun?

Schaffen Sie sich und Ihren Mitarbeitenden Entlastung: Nehmen Sie Ihre Sorgen und die Ihrer Mitarbeitenden ernst und beschäftigen Sie sich damit, sprechen Sie darüber und schaffen Sie angst- und sanktionsfreie Räume. Teilen schafft Entlastung!

Ihre Mitarbeitenden wurden wie Sie ins kalte Wasser gestoßen, manche sind im Eisberg gefroren: Brechen Sie das Eis mit diesen Fragen:

Was geht es mir als Mensch und in meinem Job im Homeoffice gerade?

Was läuft gut? Was beschäftigt mich gerade? Was müsste unbedingt anders sein?

Was brauche ich von meinem Vorgesetzen/Chef?

Was brauche ich von meinen Mitarbeitenden/Führungskräften?

Wer informiert wen worüber?

Insbesondere die letzten drei Punkte sollten schriftlich fixiert, mit Verantwortlichkeiten versehen und immer wieder nachgehalten werden.

Empfehlenswert ist, diesen Gedanken und den Gesprächen darüber beim ersten Mal genügend Zeit einzuräumen. Persönliche Herausforderungen, Stresssituationen im Umgang mit der häuslichen Situation, Existenz- und Zukunftsängste, Konflikte untereinander und viele weitere Themen: Lassen Sie diese Dinge im Gespräch zu. Achten Sie auf Sachlichkeit und stellen Sie die oben aufgeführten Fragen. So kann eine persönliche, wertschätzende und lösungsorientierte Atmosphäre in einer herausfordernden Betriebssituation auch im Remote entstehen. Insbesondere den Aspekt der gegenseitigen Wertschätzung gilt es im Auge zu behalten und zu fördern. In Abhängigkeit Ihrer Betriebskultur kann das zu Beginn etwas holprig sein, möglicherweise hat man im bisherigen beruflichen Alltag so noch gar nicht miteinander gesprochen. Bleiben Sie trotzdem dran, es lohnt sich: ein Eisberg schmilzt nicht so schnell. Führen Sie diese Gespräche nach dem Auftakt zu Beginn täglich maximal 15 Minuten, mindestens jedoch einmal die Woche. Dies funktioniert analog wie online gleichermaßen.

Wichtig ist, dass der Austausch und die vereinbarten Maßnahmen nachhaltig sind und nichts verloren geht. Dies schafft Vertrauen und reduziert Unsicherheit und Angst.

Wohin wird es zukünftig gehen?

Homeoffice ist ein Apfel der Verführung, Dennoch rate ich davon ab, sofort die Arbeitsecke im Wohnzimmer zugunsten top-ausgestatteter „Homeoffice-Arbeitsplätze“ abzuschaffen.

Mit der Arbeitsform des Homeoffice werden gegenwärtig auf verschiedenen Ebenen die unterschiedlichsten Erfahrungen gemacht. Aus diesen Erfahrungen gilt es, gemeinsam zu lernen z. B. mit der Seesternmethode. Folgende Fragen können dabei leitend sein: Was hat sich bewährt? Was sollte anders sein? Mehr/Weniger davon? Testen?

Inwieweit und wie diese Arbeitsform auch in Zukunft in Ihrem Unternehmen eine Rolle spielen und so auch mittel- bis langfristige organisatorische Veränderungen mit sich bringen muss, wird einerseits von den Erfahrungsergebnissen abhängen. Daneben spielt der Blick in die Zukunft des jeweiligen Unternehmens eine maßgebliche Rolle und ist abhängig vom jeweiligen Geschäftsmodell, von der Branche, den Kunden, der Region, der Mitarbeiterstruktur und -kultur etc. Und hier sind und werden die Landschaft bunt sein und auch weiterhin nicht nur aus kreativen Freiberuflern bestehen.

FÜR DIE ZUKUNFT: STATT HEKTISCHEM AKTIONISMUS NEUE ARBEITSFORMEN STRUKTURIET IN IHR UNTERNEHMEN IMPLEMENTIEREN

So entscheiden Sie, was zu Ihrem Unternehmen passt und was es zielführend einzuführen bzw. umzusetzen gilt. Homeoffice erweitert die Aktionsmöglichkeiten der Unternehmen und somit die Toolbox für zukunftsfähige Unternehmen. Nicht mehr und nicht weniger!

Ihre AHH

 

Zurück
Apfel_Home_Office
Der Apfel der Verführung